Die perfekte Rolleneinheit. Kann es die überhaupt geben, solange wir noch draußen fahren können? Ich sage ja. Unter der Bedingung, dass wir und in dem Fall ich nur die Rolleneinheiten miteinander vergleichen. Und ich glaube ich hatte diese Einheit letzte Woche. Eine meiner Lieblingseinheiten. 4 x 4 Minuten mit 3 Minuten Pause bei guten 115% der Schwelle. Also V02max Deluxe.
Warum war die Einheit perfekt?
Es lief einfach einiges zusammen. Zunächst habe ich die Einheit nicht zuhause gemacht, sondern meine Rolle eingepackt, mein Rennrad ins Auto und los ging es zu meiner Freundin. Ich hab sogar direkt das Hinterrad zuhause gelassen, da im Auto auch sonst schon wenig Platz war. Also wirklich für die Rolle optimiert gepackt. Den Unterstetzer fürs Vorderrad und auch einen Ventilator hatte ich aber doch dabei. Ohne „fan“ wäre da sicher nicht ganz so viel drin gewesen. Leicht gepackt also los.
Nach einem Tag Home-Office war es dann soweit. Die HIIT-Deluxe Einheit. Erstmal war noch eine Suche nach dem optimalen Platz zu tun. Die Wohnung ist klein und Platz für das gesamte Setup wäre zwar gewesen, aber dann wäre der Weg zu Klo oder aus der Wohnung auch zu gewesen. Also ab auf den Hausflur und ins kühlere Kellergewölbe mit maximal 10 Grad. Und alleine das war schon eine super Sache für die Einheit. Also Temperatur und HIIT passen gerade im Winter gut zusammen. Zumindest wenn ich nicht direkt draußen vor der Tür fahren muss. Ein kühler Keller wirkt Wunder für HIIT.
Das Indoor Setup to-go
Dann ging es an den Setupaufbau: Links ein Mülleimer, darauf kein Kasten Spezi, darauf mein Laptop mit Zwift. Rechts ein Gartenstuhl, darauf zunächst noch eine große rote Plastikbox und darauf dann alles mögliche: Ventilator, Kopfhörer, Tempos und der Haustürschlüssel (weil ich ja im Flur war). Das Rad einfach so mit dem Neo direkt auf den Boden. Banause, ohne Matte oder Schutzfolie, einfach drauf. Zuhause habe ich mir extra eine neue Gummiunterlage geholt, damit das schön aussieht. Aber jetzt mussten es die großen Fließen tun. Nur die Position des Rads war noch etwas fraglich. Der Boden viel so komisch ab und ich glaube zu spüren, wenn die Beine der Rolle und damit das Rad so leicht zur einen oder anderen Seite lehnt. Das auszutarieren war eine kleine Herausforderung. Aber ging auch schnell. Was mir aber auch hier zu gute gekommen ist: Zwischen der Rolle und dem Vorderrad mit Unterstetzer waren ein paar Zentimeter unterschied. Allein dieses Gefühlt von False-Flat und von Druck auf dem Pedal war in der Einheit richtig gut. Ich glaube, dass ich jetzt immer noch ein ungelesenes Buch unter das Vorderrad packe.
Und dann ging es auch schon los. Zur Einheit selbst muss ich gar nicht viel sagen. Genau nach Plan und wirklich gut gelaufen. Zwar hatte ich und habe ich immer Respekt vor den 4×4, aber es ging weg „wie warme Semmeln“. Warm Up und erste Vorbelastung waren gleich geschafft. Nur nach knapp 35 Minuten rutschte die Rote Box vom Stuhl und alles andere mit hinunter auf den Boden. Also kurze Pause vor dem großen Auftritt. Fix habe ich alles aufgesammelt und dann nur noch die Box hingestellt. Während der 4×4 wollte ich nichts pausieren. Sicher ist sicher. Also wieder auf die Rolle und immer näher an die 4×4 ran gekommen. Knapp eine Minute vor Start kam dann der Nachbar auf einen kurzen Plausch vorbei. Was machst du da? Wie funktioniert die Rolle? Und und und. Und und das ging dann noch die ersten 1.5 Minuten bei 385 so weiter. Perfekt für die Liga, denke ich jetzt im Nachhinein, wenn ich da noch mit anderen Startern Sprechen kann. Hoffentlich etwas demotivierend 😀
Zeit vergeht, Watt besteht
Aber so war ich die Hälfte des ersten Intervalls gut abgelenkt und dann war es auch vorbei. Ging gut. Besser als gedacht. 390 waren das Ziel, aber 385 habe ich gemacht, da ich etwas vorsichtig Starten wollte. Dieses Körpergefühl auf das man manchmal hören soll. Danach direkt mit Selbstbewusstsein in der Companion-App auf 390 die Prozente erhöht. Das zweite Intervall war ich alleine. Türe hinter mit war geschlossen und ich für mich selbst. Ging auch gut. In Innsbruck die Rampe hoch. Check. Nummer 3. Bereits mit rießigem Ego von den zwei „leichten“ (zu lesen: Leichter als erwarteten) ersten Intervallen habe ich nochmal an der Schraube gedreht: 395 Vorgabe. Zack. Rein ins Intervall und nach 30 Sekunden gedacht: Ouh weh zwick, das war zu viel gewünscht. Oder halt falsch gewünscht, wie das Sams sagen würde. Mental mit dickem Dickschädel aber einfach mal gegen die erste Wand gefahren und erstaunlich durchgekommen. 395. Respektabel geschafft und mir direkt selbst auf die Schulter geklopft.
Danach kam der Größenwahn. 400. Tom, dachte ich mir, du hast dir selbst mal als Ziel gesetzt 4x4x400 zu schaffen. Also warum nicht heute damit anfangen? Leicht überheblich und mittlerweile gut im Tunnel wurde ich dann vom 2-jährigen Nachbarsjungen überrascht. Der Nachbar, sein Papa, stand direkt daneben und neckte mich damit indem er seinen Kleinen dazu aufforderte mich doch mal was zu fragen, weil der Tom ja bestimmt so gerne jetzt mit ihm reden wollen würde. Stark, also wirklich stark schnaufend, winkte ich dankbar ab, als ich keine Frage hörte. Kurzes Winken zum Abschluss. Aber dann waren auch schon wieder 2 gute Minuten des letzten Intervalls vorbei. Aber dann, allein und ohne Ablenkung begann der Kampf. Bei 2/3 des Intervalls oder der Race-Strecke ist so mein mentales Tief (gewesen. Ich habe schon daran gearbeitet.)
Ein Lachen auf den Lippen
Als die Uhr noch 1.03 angezeigt hat habe ich mich das erste Mal gefreut. Ich wusste, da ich noch nicht aufstehen musste oder die Trittfrequenz runtergegangen ist, dass ich es schaffen kann. Also habe ich mich gefreut, den Eliud gemacht (wenn es weh tut, lachen) und gelacht. Mich kurz wieder darauf besonnen, dass ich doch noch treten muss, 30, 20, 10 und geschafft.
Ich habe mich mental so in den Tunnel gebracht, dass ich mich um mehr als 15 zwischen dem ersten und letzten Intervall gesteigert habe. Die Bedingungen herum waren spontan und doch perfekt für diese Einheit. Die Ablenkung, die Kühle, die Steigung und der Kasten Spezi von dem ich eine Flasche als Vorbereitung und auch während der Einheit getrunken hatte. Es lief alles zusammen.
Und die Moral von der Geschichte: Am nächsten Tag im Schwimmbad lief es umso bescheidener. Ich hatte meine Badehose vergessen. Für die Rolle hatte ich sogar ein extra Handtuch dabei, obwohl meine Freundin ja auch Handtücher hat. Aber im Schwimmbad mit 2in1 Laufhose als Fallschirm und zu vielen Menschen ging nichts mehr zusammen. Ich habe noch vor der Hälfte der Einheit den Stecker gezogen und bin unter die Dusche.
Die Moral der perfekten Rolleneinheit
Es gibt manchmal perfekte Einheiten, nicht optimales Training gehört aber auch dazu. Am Ende mache ich es doch, damit ich besser werde und am Race-Day oder auch in dieser einen Rolleneinheit einfach einmal über mich hinaus wachsen kann. Lasst mal das „oh, ich habe keine gute Vorbereitung gehabt“. Schaut mal darauf was ihr gemacht habt und wie viele gute Einheiten auch dabei waren. Genießt diese guten Tage. Feiert die guten Tage. Feiert die kleinen Verbesserungen. Dafür macht ihr es.