Kein Magen-Darm mehr. Keine Verletzung mehr. Kein Grund mehr für geringe Performance. Und entsprechend nervös war ich vor dem Triathlon in Ingolstadt. Selbst eine Stunde vor dem Start beim Warmlaufen war ich noch unsicher. Hält der Magen und die Beine das, was sie im Training versprochen haben, aber in Krailling nicht zeigen konnten? Die kurze Antwort: Ja. Die Beine waren da. Der Körper wird das zeigen was er kann.
Aber zurück zum Start des Tages. Nach einer sehr nervösen und unruhigen Nacht bin ich zum ersten Start des Tages, der Mitteldistanz, bereits am See gewesen. Der einzige Athlet, welchen ich aktiv mit einem Trainingsplan unterstützt habe, war am Start. Sein A-Race der Saison und ich durfte selbst Live dabei sein. Er hat beim Schwimmen direkt den perfekten Einstieg in den Tag geliefert. Die Erleichterung für ihn war da. Jetzt kam der Fokus auf mein Rennen. Die Wechselzone war schnell eingerichtet und das Rad fertig. Zu Krailling habe ich nur verändert, dass ein Gel auf meinem Auflieger zusätzlich war. Das habe ich mir in T1 direkt geschnappt und in den Einteiler gepackt. Perfekt funktioniert.
Ein wenig Struktur im Rennen
Aber ich springe hin und her. Das Einlaufen und die Nervosität habe ich bereits erwähnt. Ich bin knapp 60 Minuten vor dem Start 3km gelaufen, damit ich meinen Magen nochmal in Gang bringe, um vor dem Start alles Notwendige auch erledigen zu können. Danach war ich warm und bereit auf denn Renntag: Olympische Distanz in Ingolstadt. Es ist mein fünfter Start beim Ingolstadt Triathlon und würde das schon als mein Heimrennen bezeichnen. Demnach kannte ich die Wege und musste mir damit schonmal weniger Gedanken machen. Ich war nochmal auf dem Klo und dann ging es knapp 20 Minuten vor dem Start in den See zum einschwimmen. Die erste Wärme des Tages war direkt verflogen, da die 17 Grad doch sehr ungewohnt und kalt waren. Aber da fällt es einfacher sich warm zu schwimmen. 5 Minuten vor dem Start durften wir an die Startlinie. Neben mir der Sieger von 2022. Die perfekte Startposition für mich, da ich auch die letzten beiden Jahre fast genau da gestartet bin.
Und unverzögert geht es los: Rein in das kalter Wasser und auf in Richtung zur ersten Boje. Es fühlte sich gut und schnell an. Ein super Start und direkt freie Bahn für mich. Keine Schläge und auch niemand unmittelbar vor mir. Es musste also gut gelaufen sein. Bei den ersten Orientierungen nach der ersten Boje (von 3) sah ich zwei Personen vor mir. Top, dachte ich mir da schon. So weit sind Sie nicht weg und das obwohl mit Timo Hackenjos einer der Top-Schwimmer der Deutschen Tri-Szene am Start ist. Naja, relativierte sich schnell als wir an die fast 180 Grad Boje, Nummer 2, gekommen sind. Bereits deutlich vor der Boje habe ich gemerkt, dass die beiden vor mir gar nicht die ersten sind. Davor war noch jemand und zwar bereits um die Boje herum und auf dem Weg zurück.
Übersehen, egal, weiter mein Ding!
Dann habe ich mir mein Ding gedacht und gemacht. Fokus auf die dritte Boje und meinen Schwimmstil durchziehen. Gedacht, gemacht und versucht das eigene Tempo hoch zu halten. Gar nicht so einfach, wenn das Wasser langsam die kleinen Finger abkühlt. Irgendwann hatte ich auf den beiden kleinen Fingern keinen Druck mehr. Ein komisches Gefühl, wenn die Kraft in den Händen auf einmal etwas nachlässt. Trotzdem ging das Schwimmen gefühlt sehr gut. Ich wurde zwar von hinten dann auch noch aufgeschwommen und für einige Meter überholt, bevor ich mich vor der dritten Boje wieder nach vorne gesetzt habe. Schlussspurt in die Wechselzone. Schwimmzeit: 19.15 auf 1400m (verschiedene Strava Aufzeichnungen haben auch „nur“ 1400m). Zufrieden, weil ich unter 20 Minuten geblieben bin war ich im Rennen auf jeden Fall. Wenn ich es zu dem was ich im Training schaffe vergleiche, dann wäre ich gerne trotzdem schneller gewesen. 1.22 Pace war nicht das Ziel. In den kommenden Wochen geht es also für mich wieder öfter ins Freiwasser, damit ich die Becken-Performance ins Freiwasser bringe.
Der Wechsel, wie oben schon geschrieben, hat top funktioniert. Nur in die Schuhe bin ich nicht direkt gekommen. Das was ich extra noch trainiert hatte, klappte nicht so sauber und ich musste doch auf die Schuhe steigen. Klar, eine Kleinigkeit, aber trotzdem etwas das in der zweiten Liga eine Gruppe kosten kann. Daher: Lesson Learned – Sauber aufsteigen und von hinten unten in den Schuh einsteigen.
Der Abstand und das Radfahren
Ab auf die Radstrecke und direkt die erste Info vom Coach: 2 Minuten 30 auf Timo. Tiefes Brett, dass ich bohren muss. Aber dafür war ich da und ich konnte in meiner derzeit besten Disziplin genau zeigen, was wir trainiert hatten. Konstante Watt auf die gesamte Strecke. Zunächst gab es den Abstecher in die Stadt. Flach, große Kurven und gut um Tempo aufzunehmen. Auf dem Weg zum Wendepunkt kam mir dann der führende direkt entgegen. Ein Blick auf die Uhr und die Flucht nach vorne ging weiter. Was mich direkt überrascht hat, war dann der Wendepunkt. Der kam so viel früher als gedacht. Im letzten und vorletzten Jahr war dieser noch gute 500m weiter hinten. Ich bin schon froh gewesen, dass ich kurz nochmal hoch geschaut habe und direkt das Schild da war. HOI. Jetzt schon die Wende. Ausgezeichnet. 55 Sekunden auf 1. Direkt auf den ersten Metern mehr als 30 Sekunden von der Uhrgenommen.
Danach war mir klar, dass jetzt der TT Teil kommt. Von Ingolstadt an kann man gut 10km in TT Position bleiben ohne Kurven oder Anstiege. Genau das was mir Spaß macht und mir liegt: Team Absolute Watt. Vor der Ausfahrt aus Ingolstadt stand wieder mein Trainer und Info 2 war da: 15 Minuten Fahrzeit und der Vorsprung war auf 1.30 geschrumpft und mein Ehrgeiz war geweckt. Mit Druck ging es dann zum Wendepunkt. Da gibt es nicht viel spannendes zu Berichten. Ich habe regelmäßig an meiner Verpflegung gezogen und gedrückt. Mit einem 46.8km/h Schnitt war ich am Wendepunkt (weil wir gut Rückenwind hatten). Dort war Timo gerade rausgefahren und ich fuhr in die Verpflegungsstelle. Ihr müsst euch den Wendepunkt wie einen kleinen Parkplatz mit einem Kreisverkehr vorstellen. 50m rein und wieder raus. Ich habe mir eine Flasche Wasser geschnappt und meine Trinkbox am Cube schnell vollgemacht, da es doch wärmer war und nur die Zucker Mischung nicht gereicht hätte. Es waren noch knapp 40-50 Sekunden nach vorne und der windige Rückweg nach Ingolstadt.
Ein Ritt bis zur Führung
Auf der ganzen Strecke gab es nur einen Anstieg. Da habe ich das erste Mal die Race-Pace Zone nach oben verlassen. Die Pace war auf 320-340 Watt angelegt und dort bin ich so 30 Sekungen mit 380 Watt den Hügel hoch gestiefelt. Einfach nur um die Lücke auch hier hart zuzufahren. Ich wollte auf Platz 1 in T2 ankommen. Es dauerte dann noch länger bis ich vorne war. Erst knapp 5-7km vor T2 war ich vorne. Ein hartes Stück Arbeit mit 320 Watt NP zu diesem Zeitpunkt. Und es waren ja noch ein paar Meter bis in die Wechselzone. Nachgeben wollte ich da auf gar keinen Fall und die Pace hoch halten Ab jetzt war der Fokus auf das Ziel. Nochmal fest an der Gel-Flasche (55g Maltodextrin, 45g Fructose, 2g Salz) genommen und ab in die Wechselzone. Am Ende des Radfahrens hatte ich 305 Watt Avg und 318 Np (inkl. Schuhe ausziehen und zur Wechselzone rollen) bei einem 44.8km/h Average. Jetzt kann ich mal die Pace von den Profis auf der Langdistanz einschätzen. Brutal, wie diese wiederholt bis zu 45km/h Average in der Spitze hinbekommen. Keine Chance, dass ich 4 w/kg oder >300 so lange halten kann.
T2
Der zweite Wechsel war etwas entspannter. Kein Liga-Wechsel und keine Hektik. Ich wollte alles richtig machen und dann sauber loslaufen. Kontrolliert starten war der Plan nach dem harten Radfahren. Und so ging es mit zwei Gels, Cap, Sonnenbrille und Asics bewaffnet raus um den See. Die Beine waren doch schon deutlich schwerer als Gedacht. Mit der 3.15er Pace aus Kempten im Hinterkopf hatte ich mir eigentlich etwas zwischen 3.20 und 3.25 vorgenommen. Aber so weit bin ich nur beim GPS Fehler gekommen. Am Ende habe ich einen Schnitt von 3.32 auf der Uhr gehabt.
Doch bevor ich ins Ziel kam musste ich um den Baggersee und zwei Mal durch die Innenstadt. Etwa nach 800m stand wieder mein Coach und hat mir die Abstände zu Platz 2 und 3 durchgegeben. Timo hatte ich in der Wechselzone noch gesehen. Aber Platz 3 war da noch nicht da und muss wohl genau als ich raus gelaufen war in die Wechselzone gekommen sein. Die Info von Coach Johannes: 50 auf 2 und 1.20 auf 3 war wichtig. Denn ich wusste dann: Keine Chance die Beine hochzunehmen und weiterhin Attacke. Auf die Verpflegungsstation am See hatte ich mich dann fast schon sehnlich gefreut, obwohl es nur 2.5km gewesen sind. Wasser über den Kopf und die Reste vom ersten Gel weg spühlen.
Das Finale
Bis zum Stadtkurs passierte dann nicht viel: Blick auf die Uhr, Pace hoch halten und weiter pushen. Und dann war ich da: Die Kurze, bei der olympischen wirklich nur 2 Mal zu laufenden, Stadtrunde. Und zum ersten Mal in Ingolstadt hatte ich das Gefühl, dass an jeder Stelle Race Feeling war und Zuschauer standen. Vor allem den Abschnitt ab der großen Brücke bis zum Schloss war super. Viele Zuschauer, viele Kids die zum Abklatschen dastanden (sorry, dass ich erst in Runde zwei ein paar Abgeklatscht habe – ich war mir nicht sicher, ob noch jemand von hinten kommt). Die vielen Zuschauer haben mich aber schon sehr motiviert, wo dann auch der schnellste Kilometer zustande gekommen ist. Aber die Verpflegungststation im Schluss war dann etwas Chaos. Zunächst kam der Radfahrer nicht durch und dann habe ich wahrscheinlich 2 Personen dann den frischen vollen Becher aus der Hand gerempelt. Das tut mir dann immer leid, weil ich weiß, wie scheiße es ist einen Becher zu verpassen. Ich hoffe, dass ihr ein paar Meter später nochmal einen bekommen habt. Die Verpflegung war auch in Laufrichtung links, so dass alle Mitteldistanz-Startende hier erstmal die Seite wechseln mussten. Und zwischen denen die gerade weiterliefen und die 50cm weiter links einen Becher genommen hatten wollte ich durch.
Und dann kam der einzige Schock-Moment des Tages: Hinter mir taucht auf dem Weg aus dem Schloss ein Neo-Grüner Anzug auf. Ich dachte Mist, jetzt wird es knapp. Noch knapp 3 km und der Timo hat die Differenz von 50 Sekunden schon so gut aufgelaufen. Da ging der Puls direkt 5 Schläge höher, weil ich wenig Lust auf einen Zielsprint mit meinen Radbeinen hatte. Also jetzt nochmal Gas geben auf der Schlussrunde. Erst als ich schon fast wieder auf dem Rückweg war stand wieder mein Coach: 2 Minuten 30. Und ich muss ich verwirrt angeschaut haben und auf der letzten Rille gefragt habe: „Auf 2“ und es kam ein lautes „Ja!“. Und ich war erleichtert: Hatte ich wohl nur jemand beim überholen nicht auf dem Schirm. Aber so schnell kann die Motivation einen packen und nochmal etwas rausholen. Die letzten 2 Kilometer waren dann Mental einfacher, aber vom Puls her und der Pace nochmal eine Stufe höher. Ich wollte das zeigen, was ich in Krailling nicht zeigen konnte.
Die erst Triathlon Finishline 2023
Nach 1h55m war ich dann im Ziel: Sieger auf der Olympischen Distanz in Ingolstadt. Nach Platz 200 in 2015, Platz 4 2017 jetzt der Sieger zu sein freut mich extrem. Das Heimrennen, mein überhaupt ersten Triathlon, nach 8 Jahren zu gewinnen ist ein mega Gefühl. Und auch mit der Performance bin ich sehr zufrieden. Vor allem, weil die Beine da war und gezeigt habe was auf dem Rad geht. Klar gibt es Potentiale beim Schwimmen und dann hoffentlich auch beim Laufen in der Liga, aber für den Tag und die Bedingungen bin ich super happy.
Für euch gab es jetzt die Druck-Betankung Ingolstadt mit vielen Gedanken zu meinem Race. Ich hoffe, dass ihr bis hier hin durchgehalten habt und Spaß beim Lesen hattet. Ich hatte Spaß beim Racen und schaue zufrieden auf die nächsten Wochen in der zweiten Bundesliga mit dem RSC Kempten. Jetzt kommen die richtig schnellen Tests. Damit beende ich Seite 3 im Word Dokument und lade den Post auf meinen Blog.
Bis Bald, schönes Wetter euch allen, Tom