Der Ironman Italien hat nicht erst am Samstag für mich begonnen, sondern bereits vor mehr als einem Jahr, als ich mich angemeldet habe. Letztes Jahr lag ich dann aber mit Knieverletzungen zu Hause. Kein Triathlon, keine Langdistanz. Deshalb und dank der 90 Tage Regel konnte ich mein Rennen auf 2023 verschieben. Viel Zeit für mich, um mich auf meinen längsten Sporttag des Jahres vorzubereiten. Das ganze nicht nur körperlich sondern auch mental. Auf die Reise der letzten Tage vor dem Rennen und auch in das Rennen möchte ich euch in diesem und den folgenden Blogs mitnehmen. Ich werde es auf vier Teile aufteilen. Zunächst möchte ich noch etwas zu vor dem Rennen sagen. Danach kommt Schwimmen, Radfahren und Laufen in je einem Blogpost, damit ihr es euch gemütlich Teil für Teil durchlesen könnt.
Der lange Weg
Seit November trainiere ich also für das Rennen vom letzten Samstag. Ziemlich lange Zeit. Viel Fitnessstudio im Vergleich zu 2022, um die Kraft und Stabilität in die Saison mitzunehmen. Viel Radfahren, weil der Kurs in Italien vor allem beim superflachen Radfahren entschieden wird. Und sogar ein Trainingslager im März, um die Grundlage für eine super erfolgreiche Saison zu schaffen.
Diese Saison war für mich in zwei Teile aufgesplittet. Nachdem wir 2022 mit der Mannschaft den Aufstieg in die zweite Liga geschafft haben und die Termine veröffentlicht wurden, habe ich mir die drei ersten Ligarennen von 5 vorgenommen. Und auch gemacht. Das letzte war Ende Juni und damit war die Kurzdistanz-Saison und Teil 1/23 für mich vorbei. Der zweite Saisonteil war voller Fokus auf den Ironman Italien. Mehr Umfänge und auch öfters wieder lange Laufen, was während der Liga-Wochen weniger geworden war. Am Ende habe ich vor allem durch 5-6 Stunden Radeinheiten und 28-32km Laufeinheiten die Geschwindigkeit aus der Liga in den Longo-Motor umgewandelt.
Als letzter Test stand das Rennen im Allgäu an. Und da gibt es auch schon einen Blogpost von mir, weil es auch dort wieder (Achtung Meta-Wortspiel) unbeschreiblich gut lief. Nach dem Allgäu standen in der Theorie noch zwei längere Läufe und einige fordernde Radfahrten auf dem Plan. Leider hat der Kuhsteig, auf den schiebe ich es jetzt zumindest, mir einen kleinen Strich durch die Trainingsrechnung gemacht. Ich habe zwar noch meinen langen Race-Pace Dauerlauf geschafft, aber danach zwei Wochen mit Problemen im rechten Hüftbeuger gehadert. Statt 400km Radfahren und nochmal guten 100km Laufen standen dann 40km Radfahren und 10km Laufen. Also ein Bruchteil von dem, was für die 100% Vorbereitung geplant war.
An der Form sollte das, anders als von mir gedacht, aber nicht so sehr nagen. Aber dafür umso mehr an meinem eigenen Gefühl wie fit ich bin. Tag für Tag, sogar Stunde für Stunde habe ich mir die Sorge gemacht, wie viel Watt ich denn jetzt dadurch verliere nochmal einen Tag Pause zu machen. Ich war sogar bei 10% Formverlust mental angekommen und sehr, sehr unglücklich. Das lag vor allem daran, dass ich Tag für Tag viel versucht habe, aber die Hüfte nicht besser wurde. Mental ein Teufelskreislauf, welcher erst durch den zweiten Besuch beim Physio meines Vertrauens 10 Tage vor dem Rennen beendet wurde. Erst danach habe ich mich wieder aufs Rad getraut, erst nach dem Rad wieder zum Laufen. Der Puls war etwas höher als vor der Zwangspause, aber die Werte waren immer noch spitze. Das Versprechen meines Coaches, dass die Longo Form nicht so schnell wie die Kurzdistanz oder Mitteldistanz-Form abbaut wurde erfüllt. Natürlich waren fast 2 Wochen mit wenig Umfang nicht gerade Form gebend, aber auch kein Verlust von 10%. Am Ende schätze ich, dass es sich um die 2-3% gehandelt hat.
Die Anreise
Mental wieder etwas frischer nach einer längeren Radfahrt und einem Dauerlauf über einer Stunde am Wochenende vor dem Rennen ging es am Mittwoch um 4.30 Richtung Brenner und nach Italien. Wir sind super durchgekommen und waren sogar bereits um 13 Uhr in Cervia und konnten unsere Pension beziehen. Tagesziel 1 Ankommen: Erreicht. Tagesziel 2: Schwimmen. Und direkt der erste Schock-Therapie. In den 25 Minuten Schwimmen habe ich mehr Quallen berührt als in meinem Leben davor. Zumindest als in dem Leben an das ich mich gerade erinnern kann. Zwar nur kleine Quallen und nichts Gefährliches, aber wenn diese sich zwischen meine Fingern gelegt haben oder an meinem Körper entlang geflutscht sind, war das schon super unangenehm. Keine guten Aussichten für das Rennen, aber mental war ich dann schnell auf: Da musst du durch, sonst kein Ironman, sonst keine Bestzeit. Also das Beste aus der Einheit in Badehose gemacht und gehofft, dass der Neo am Samstag erlaubt ist (Spoiler: Für die Amateure schon).
Nach dem Schwimmen und einer kurzen Pause war die zweite Kursbesichtigung dran. Der Hügel. Also der einzige Hügel, aber der hatte es dann doch echt in sich. Nach Strava Recherche und zwei eigenen Tests kommen wir auf 6,4% im Durchschnitt von unten bis oben mit steilen Spitzen über 10 vielleicht sogar 15%. Aber sehr angenehm zu fahren und nie so schlimm wie im Allgäu zuvor. Auch hatte ich mein 52er Blatt auf dem TT montiert und hatte nie so eine niedrige Frequenz wie im Allgäu. Also eine machbare Aufgabe und gute Abwechslung im Vergleich zum Rest der Strecke. Tagesziel 3: Auch erreicht.
Der Donnerstag und Freitag waren wenig spannend. Abholen der Startnummer im Zelt bei italienischer Gemütlichkeit, den restlichen Tag hochliegende Beine und am Abend vor dem dritten Mal Pizza in 24h noch die Wettkampfbesprechung. Die mittlerweile Nicht-Besonderheit: Die Flaschen auf der Radstrecke waren wundervolle PET-Plastik Flaschen. Keine Radflaschen. Und das, obwohl mir mit Bild in einer Email bestätigt wurde, dass es die standardisierten Radflaschen geben wird. Ich habe wohl einfach ein anderes Verständnis von Radflaschen als Ironman das hat.
Am Freitag meine traditionelle Aktivierung und dann war es schon so weit: Check-In des Materials. Ich habe bereits am Freitag alles soweit fertig gemacht und abgegeben, so dass ich mir am Samstag fast keine Gedanken mehr machen musste. Zum einen habe ich die Versicherung in Form von Special Needs abgegeben, zum anderen bereits alles in die Wechselbeutel gepackt. Special Needs waren auf dem Rad ein Riegel und eine 750ml Wasserflasche mit 200g Zuckermischung und beim Laufen 3 PowerBar Gels. Am Ende habe ich beides nicht benutzt, weil ich mit dem, was es auf der Strecke gab und was ich selbst dabei hatte zurechtgekommen bin. Wie geschrieben: Eine Versicherung, falls etwas schief geht. Zum Beispiel eine Bodenwelle in der ich meine 300g Zucker-Bombe Aero Flasche verliere oder so. Das ist mir zum Glück nicht passiert, aber auf der Strecke lagen an einer Stelle schon besonders viele Flaschen herum.
Am Samstag vor dem Start habe ich nur noch die Beutel aufgeknotet, da ich diese für den Fall, dass es regnet zugeknotet hatte. Außerdem habe ich nach dem letzten Klo Stop im Hotel um 6:15 Uhr gemerkt, dass die Vaselin-Tube noch im Kulturbeutel ist. Also doch noch was kleines vergessen und in den Beutel gebracht in der Früh. Meine Radflaschen (1l hinter dem Sattel, 750ml im Rahmendreieck und 600ml in der Profil Design Halterung) habe ich auch erst am Samstag vollgemacht. Und das war es auch schon an Vorbereitung auf das Rennen.
Das Rad Material
2021 bin ich noch mit meinem ersten TT in Estland am Start gestanden, welches eher Grundsolides Material gewesen ist. Über die ersten Jahre hatte ich diverse Teile zusammengekauft und das Felt von damals getuned. Letztes Jahr hatte ich als Factory Pilot von Cube die Chance das Aerium TT zu bekommen. Das war auch dieses Jahr dann mein TT in Italien. Ausgestattet mit den RON Armschalen (selbst gekauft) und dem Reach Extender von prints4watts (auch selbst gekauft) haben wir das Cockpit nochmal etwas verbessert und die Position aerodynamisch optimiert. Die Laufräder von Xentis habe ich jetzt auch bereits die zweite Saison. Dabei sind Scheibe und Vorderrad mir für zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Die Aerobox hat mir Stefan Dietze in mehreren Iterationen entwickelt und gedruckt. Klar gibt es da bereits was auf dem Markt, aber wir hatten beide Spaß daran das zusammen zu machen als Projekt. Ansonsten schwöre ich seit 2016 auf den Profildesign Flaschenhalter hinter dem Sattel. Bisher habe ich da nur die Plastikflaschen von Ironman raus verloren. Radflaschen sind immer drin geblieben. In meiner Toolbox im Rahmen hatte ich einen Aerothan Schlauch, 3 Reifenheber, 2 Kartuschen und einen Adapter für die Scheibe sowie den Pumpenkopf für die Kartuschen. In der Box am Lenker hinter der Trinkflasche habe ich 7 PowerBar Gels (normale, nicht Hydro) rein gebracht. Das war unter der Woche auch noch eine gute Tetrisleistung, da ich eigentlich nur mit 5 Gels gerechnet habe. Aber auch da war jedes Gel eine Versicherung, da ich genug Zucker bereits in den anderen Flaschen hatte. Beim Helm, wissen meine langzeit Follower auch, werde ich von Kasks unterstützt. Nachdem ich letztes Jahre wegen eines Lieferengpass von Dickschädel-Helmen nur die Größe M hatte, war ich froh, dass ich dieses Jahr noch einen Bambino Pro in L bekommen habe. Zum Rest des Materials komme ich dann im Blog zum Radfahren.
Alles Mögliche ist vorbereitet
Die Hüfte hielt, das Rad sowieso und ich hab alles getan, damit ich am Samstag das bestmögliche Rennen habe. Natürlich habe auch ich mir dann gedacht, dass die zwei verpassten langen Dauerläufe absolut elementar für die perfekte Performance sind und ich mehr hätte machen müssen. Aber in Summe war die Vorbereitung so gut sie nur sein kann. Ich hätte mir keine Stunde mehr hier oder da herausschneiden können und habe meinem Coach an mehreren Tagen gesagt, dass es das zeitliche Limit war. Wenn ich die Kilometer zusammenrechne, welche ich in der Vorbereitung erbrachte habe auf das Rennen, also seit Herbst/Winter 22, komme ich auf 300km Schwimmen, 8000km Radfahren und 1500km Laufen. Dazu 30 Stunden Stabi, Krafttraining und Yoga (ca. 1h pro Woche).
Und was diese Vorbereitung alles gebracht hat erfahrt ihr nach der nächsten Maus … im nächsten Blog (in einem Vlog wäre das jetzt witziger gewesen kurz einen Maus-Einspieler zu machen).
3 thoughts on “Ankommen in Cervia”