Es ist 2021. Ein Samstag. Es regnet ab 7.45 Uhr. Schon die Stunde davor war der Lake Harku nass. Bis etwa 14 Uhr bleibt es regnerisch, erst danach wird es etwas trockener. Doch das hielt mich vor vier Jahren nicht davon ab, beim Ironman Estland zu starten, durchzuziehen und in meiner zweiten Langdistanz in 8h28 das Amateur-Rennen zu gewinnen.
Vier Jahre später stehe ich fast wieder an derselben Stelle: in Tallinn, im August, beim Ironman Estland. Nur die Strecken haben sich seitdem verändert. Mein Ziel diesmal: eine PB, ein schneller Tag, die beste Leistung aus mir herauszuholen. In diesem Blog geht es um den 23.08.25 und meinen zweiten wilden Ritt im Nordosten Europas.
Wir sind bereits einige Tage vor dem Rennen nach Tallinn angereist und schon beim Packen in Deutschland war klar: Das wird ein frisches Rennen 2025. Da war selbst das Regenrace 2025 mit knapp 20 Grad noch deutlich wärmer als dieses Jahr, aber da viele meiner Trainings im Süden Deutschlands die gleichen Bedingungen hatten, war ich gut vorbereitet. Vor allem sind 13 Grad und Regen für den Wettkampftest die beste mentale Abhärtung, wenn es am Race Day dieselben Temperaturen haben sollte. Da habe ich mir in den Tagen vor dem Rennen dann über Regen weniger Gedanken gemacht. Was aber tatsächlich dann eine Challenge werden sollte war die vorhergesagte Temperatur um 7:30, wann ich circa aus dem Wasser und auf dem Rad sein wollte. 7-9 Grad Celsius. Und darauf war ich so gar nicht vorbereitet. Ich habe zwar meine Packliste, aber diese hat mich nur soweit gebracht, dass ich das Rennen hätte bei Regen und wenigstens zweistelligen Graden hätte sauber durchziehen können. An ein Unterhemd fürs Radfahren hatte ich gar nicht gedacht und als ich Überschuhe auf der Packliste gelesen hatte, dachte ich nur an die Regenüberschuhe, welche ich auf keinen Fall im Race angezogen hätte. Dass es ja auch die reinen Zeh-Überschuhe gibt: Hätte mich 25€ gespart. Und auch Handschuhe stehen nicht auf meiner Packliste. Da muss ich also auch einmal ran, damit ich bei den nächsten Kälterennen auch vorbereitet bin.
Das soweit dem Setting bereits Tage vor dem Rennen:Alle Stunde wurde das Wetter geprüft und dann am Mittwoch in der Nacht noch die Entscheidung getroffen: Ich brauche ein Unterhemd, ein paar Handschuhe wären super und falls ich sie irgendwo auftreiben kann: Zehen-Überschuhe. Eine kurze Recherche nach Sportläden ergab zwar einen Decathlon in der Nähe von Tallinn und nachdem ich die Texte der Website endlich übersetzt hatte und es keine Überschuhe mehr auf Lager gab viel diese Option weg. Meine Hoffnung war dann, dass ich auf der Expo Glück haben könnte oder sonst die Radläden in Tallinn mit dem E-Scooter abdüsen muss. Statt also erst zur Wettkampfbesprechung um 16 Uhr meine Startunterlagen zu holen, war ich bereits mit meinem Long Run Buddy um 10 Minuten vor Expo Eröffnung an der Unibet Arena etwas außerhalb des Stadtzentrums von Tallinn. Während andere direkt dann zur Registrierung gegangen sind habe ich das Glück des frühen Wurms gehabt und direkt am ersten Stand die zwei Core-Essentials bekommen: 1 Paar Handschuhe und ein paar Überschuhe. 50€, die mir die Packliste hätten sparen lassen können. Und die nächsten 20 waren zwei Stände weiter für ein Radunterhemd weg. Also noch nicht mal die Startunterlagen und schon 70€ gegen die Kälte investiert.
Alles andere auf der Expo lief sehr entspannt. Super Service und sehr schön in der Event-Location aufgebaut. Es waren noch wenige Personen vor Ort. Ich kann also nicht sagen, wie schnell es ging, wenn der Andrang hoch war. Nachdem ich die Unterlagen hatte und etwas T2 begutachtet habe, zog ich mir einen 7 Tage Scooter Pass mit einer Stunde Fahrzeit und bin mit dem E-Scooter wie bereits in Italien 2023 die Laufstrecke einmal abgefahren, um zu wissen, was auf mich zukommt. Nachgebaut hatte ich die Strecke auf Komoot wirklich nochmal sehr genau und das Ergebnis waren 10.7km. Und da wollte ich wissen, wie schnell ich den Laufen müsste, um bestimmte Zeitziele zu erreichen und wie der Kleine Hügel am zweiten Wendepunkt ist. Ich kann das wirklich empfehlen, wenn ihr auch die Strecke einmal kennenlernen möchtet, das mit dem E-Scooter zu machen. In Tallinn sind auch genug vorhanden und man kann die gesamte Strecke in 15-20 Minuten locker abfahren.
Die Laufstrecke geht auch am Schwimmstart vorbei, wo ich dann auch direkt den ersten Wassertest am Donnerstag gemacht habe: 20 Minuten Schwimmen. Das Besondere an der Schwimmstrecke in Tallinn ist der lange Weg ins Wasser und wieder hinaus. Das wird auch beim Schwimmen nochmal witzig. Stichwort: Spazierengehen bis Boje 1. Und diese Spezialität wollte ich mir ansehen. Im Training hatte ich schon Delphinsprünge und aus dem Wasser laufen geübt, aber so weit hatte ich doch nicht erwartet. Es sind bestimmt 100, eher 150m die nicht schwimmend erstmal ins Wasser gegangen werden müssen, um überhaupt schwimmen zu können. Entsprechend hat das Ironman Tallinn Team auch den Start auf eine schwimmende Plattform im Wasser gelegt, statt einem Landstart bei dem alle erstmal reinrennen.
Das Wasser war am Donnerstag etwas wellig, da der Wind vom Meer her kam. Das machte die erste Erfahrung zur kleinen Herausforderung mit der Orientierung und gute Orientierungspunkte zu finden. Aber das Meer dort war sehr angenehm. Nicht zu heiß wie die Woche vorher beim Allgäu Triathlon als Staffelschwimmer, sondern mit circa 17-18 Grad sehr angenehm.
Neben dem Testschwimmen standen am Freitag auch nur noch zwei weitere Einheiten an: 30 Minuten Radaktivierung, welche ich auf der gleichen Straße wie 2021 gemacht habe. #Aberglaube. Und ein 20 Minuten Dauerlauf im Park wie 2021. Danach war alles getan, um am Samstag ins Rennen zu starten. Jetzt ist ein wenig Chronologie am Freitag wichtig. Die Aktivierungen habe ich gegen 10 gemacht, weil es trocken war. Ich wollte mein Rad auch nur dann zur Wechselzone fahren als die Straßen abgetrocknet waren, weil die Kette frisch gewachst war. Nachdem das auch direkt Mittags möglich war habe ich das Rad um 14.15 Uhr in die Wechselzone geschoben, die Kette, Schaltung, Knöpfe am Lenker noch mit ein paar Mülltüten zugedeckt. Nachdem wir die Wechselbeutel auch in T1 direkt abgegeben mussten, war auch der Laufbeutel fertig und mit Schuhen (Alpha 3, selbst gekauft) und einem Schnell-Wechsel-Zip-Beutel aka Gefrierbeutel bestückt. Im Gefrierbeutel waren Gels, Cap und Sonnenbrille, welche ich im Rennen erst beim Laufen dann auspacken muss, statt in der Wechselzone mit vollen Händen zu starten. Im Schwimmbeutel war ein Handtuch, das paar Handschuhe, der Helm und meine Startnummer drin. Der Rest würde dann ans Rad kommen.
Nachdem beide Beutel abgegeben bzw. hingehangen waren, bin ich nochmal zu T2, weil wir dort einmal sehen konnten, wo unsere Beutel hängen würden. Erstes Feedback hier zum Orga Team: Dass die Übersicht der Nummern auf der falschen Seite festgemacht waren und die Ständer nicht fertig beschriftet waren um 15.30 Uhr zur T2 Begutachtung war etwas ärgerlich. Auch das die Ständer nicht umgedreht wurden war nicht optimal. Zum Glück wird da nicht so viel zwischen den Wechselzonen verändert, so dass ich grob wusste: 3 Reihe irgendwo am Ende unten wird meine Nummer sein. Kleines Verbesserungspotential (Neben den oben schon angesprochenen 10.7km, welche gern 10.6km sein dürfen ).
Aber damit war der Check In und die Aktivierung um 15.30 beendet. Zurück zum Hotel was mit dem Bus ging und hier kann ich dem Team vom Ironman Estland wieder ein dickes Plus geben: Alle Athletinnen konnten vom 18.8 bis zum 25.8 allen ÖPNV im Stadtgebiet kostenlos nutzen. Alle haben per Mail ein Ticket bekommen und wir aus der Reisegruppe Augsburg haben das auch intensiv genutzt. So viel Bus bin ich im ganzen Jahr noch nicht gefahren, wie an den 6 Tagen in Tallinn. Zurück im Hotel dann die Haupt-News des Tages: 3 Stunden, 3 Stunden später. Wie soll ich mich darauf einstellen. 6.30 war in meinem Kopf die Go-Time. Die Gedanken verflogen aber sehr sehr schnell und änderten sich zu 9:30 Start. Mega gut. Ich brauche keine Handschuhe, kein Unterhemd, ich nehme nur die Überschuhe. Die Temperatur wird besser sein und ich kann vielleicht 3 Stunden länger schlafen. Grund dafür war die oben beschriebene Temperatur: 7 Grad waren für 6:30 vorausgesagt, was für mich zwar bescheiden gewesen wäre, aber für viele andere an einem langen Tag sicher zu Problem geführt hätte. Im Sinn der Athletinnen wurde also der gesamte Plan um 3h nach hinten geschoben. Und ja, auch die Cut Offs und die Zeit der letzten Finisher, welche dann gegen 3 Uhr in der Früh gewesen ist. Wie die Moderation am Samstag dann zur Mitteldistanz wieder aus dem Bett gekommen ist: Respekt.
Am Ende wurde bei der Abendpizza auch nur noch darüber überlegt, wie viel Wärme dann bei 12/13 Grad um 9:30 noch notwendig ist und ich bin für mich zum Schluss gekommen, dass der Wettkampftest bei 13 Grad und Dauerregen geklappt hat ohne Unterhemd und Handschuhe und deshalb das Rennen auch so funktionieren muss. Und damit war alles geregelt, sogar das Hotelfrühstück um 6.30 konnte ich entspannt nutzen, statt mir trockene Semmeln auf dem Zimmer mit Honig reinzuzwingen. Und auch zum Start ging es für mich in Estland super entspannt. Hier habe ich zwar nicht auf den Bus vertraut, aber die E-Scooter haben mich um 7.50 perfekt vor die Wechselzone gebracht. Und damit ist Blogpost Nummer 1, welchen ich gerade zum zweiten Mal geschrieben habe, weil der erste leider nicht gespeichert wurde auf dem Tablet, zu Ende. Weiter geht es dann mit den letzten Schritten in T1 und dem Schwimmen.
Information für euch: Ich habe den Startplatz vom Team des Ironman Estland gesponsert bekommen. Flug, Hotel, alles weitere selbst bezahlt. Der Transparenz wegen.