Knapp 287km bin ich im Jahr 2025 geschwommen. Eine supersolide Grundlage, aber beim Schwimmen war die Varianz des Ergebnisses aus meiner Sicht am höchsten. Wird es so genial wie in Italien 2023 mit etwas über 50 Minuten, schaffe ich das gleiche Ergebnis wie 2021 in Tallinn mit 53:30 oder wird es ganz anders. Mein Zeit-Ziel war etwa, um die 52 Minuten zu schwimmen und darauf habe ich die letzten Wochen und Monate hingearbeitet. Im Training haben wir sehr viel auf Zeit im Neo gesetzt und ich habe weniger Zugseil als 2021/23 gemacht. Am Ende war ich oft morgens schwimmen, was für die Top-End-Pace nie optimal war, aber mit der Arbeit und der Belegung der Bahnen nach 16/17 Uhr in Augsburg sonst immer eine Herausforderung war. Außerdem hatte ich einen neuen Neo gekauft, welchen ich oft testen wollte, damit im Wettkampf auch alles passt und ich sicher bin, dass es nicht am Equipment scheitert.
Gut vorbereitet und mit den circa 8-10km pro Woche im Gepäck ging es am Race-Morgen nochmal in T1. Dort habe ich die Tüten weggemacht und das Rad ausgepackt. Schaltung, Kette, Bremsen kurz getestet – so zur Sicherheit und meine Verpflegung ans Rad gemacht. An meinem Cube habe ich den Profildesign Tank ab Werk. Dort habe ich ~600ml Wasser pur als Zusatz zu den Zuckerflaschen gehabt. Im Rahmen hatte ich eine Aeroflasche mit 210g Malto und Fructo (etwa 3/1) und ein paar Gramm Salz. Lukas Stengel hat mir einige Wochen vor Estland bereits eine BTA Lösung für das Cube gedruckt (Ich habe bezahlt dafür) und bin super happy mit dem Ergebnis. Dort kann ich eine 750ml Flasche genauso positionieren, dass ich mein Kinn über das Ende der Flasche bekomme und die Flasche unter der Brust den freien Raum ausfüllt. Aero getestet habe ich es nicht, aber langsamer bin ich glaube ich dadurch nicht geworden. In der Flasche hatte ich nochmal 300g Mischung (225 Malto, Rest Fructo, +4g Salz) drin. Und hinter dem Sattel hatte ich noch 1L Wasser pur, das ich zum Auffüllen des Tanks vorne nutzen wollte und im Rennen dann auch gemacht habe. Bei den Temperaturen war das alles auch ausreichend und mein Ziel war auf dem Rad so zu fahren, dass ich nicht wie 2021 zwei Mal rechts ran fahren muss. In der Bento-Box auf dem Oberrohr hatte ich noch 2 Gels mit je 45g als Absicherung und ein Koffeingel, welches in Runde 2 auf dem Rad nehmen wollte.
Als das alles am Rad war bin ich nochmal zum Wechselbeutel und habe die Handschuhe gegen eine große Wasserflasche ausgetauscht. Denn der Sand vom Strand klebte die Tage davor schon sehr zwischen den Zehen und ich wollte nicht, dass meine Radschuhe dann komplett voll sind. Die Flasche war damit rein zum abspülen meiner Füße in T1 gedacht. Neben Helm und Startnummer und einem kleinen Handtuch war es auch alles. Damit war die Zeit in T1 auch durch und ich bin gemütlich, für eine Pre-Race Phase des Ironman, zu meiner Freundin am Start spaziert. Dort habe ich dann Neben den üblichen Themen der Nervosität auch meinen Neo angezogen, den letzten Schluck aus ihrer Wasserflasche geklaut und mir das Pre-Race Gel genommen. Wirklich warmlaufen oder warmmachen war an dem Tag gar nicht drin oder auch nicht notwendig. Ich war sehr aufgeregt und der Puls war schon da. 2023 bin ich etwas gelaufen, aber für Estland dachte ich dann: Wird schon reichen.
Mit dem Neo an, den Sprecher*innen von Ironman schon richtig auf Touren bin ich um 9:15 zum Startkorridor. Dass dort bereits die meisten in der Sub 1h15 Reihe standen hatte ich nicht erwartet. Von hinten war also kein Durchkommen nach vorne und etwas frech bin ich dann vorne in die Reihe über den Zaun gegangen. Klar, nicht die feine englische Art, aber am Ende war es mein Zeitmanagement und ich wollte vorne ins Wasser. Da die Startplattform dann auch noch einige Meter im Meer war sind wir grob um 9:25 ins Wasser. Etwas übermotiviert wurde dann zur Plattform gelaufen und mehr schlecht als recht vier Reihen gebildet. Ich war wo ich sein wollte: Reihe 3, in der Mitte und es waren noch 2 Minuten zum Start. Der Neo war geflutet und auf der Plattform standen die Kampfrichter und Helferinnen bereit uns ins Wasser zu lassen. Noch eine Minute und die ersten durften auf die Plattform. Da der Kollege links neben mir gepennt hat, war ich dann doch in Reihe 2 und direkt vorn mit dabei. Kurz mit dem Starter vor mir gesprochen: Ja, 52~53 Minuten wäre sein Ziel. Perfekt. Da steht der Wasserschatten für die erste Runde vor mir. Und dann ging es los. Kleiner Hopser ins Wasser kurz nach der ersten Reihe. 5-6 Delphin Sprünge, weil das Wasser immer noch so flach war. Rechts neben mir läuft auch ein Athlet noch einige Meter und erst nach kurzer Zeit waren wir alle am Schwimmen. Vor mir der Kollege mit der Ansage war was weiß ich, wo. Auf jeden Fall nicht auf dem direkten Weg geradeaus zur ersten Boje. Aber egal, dann muss ich halt mein Ding machen. An der ersten Boje waren wir dann in einer kleinen Gruppe und konnten aber alle unser Ding machen. Links abbiegen und dann weiter. Der Rest der Strecke war ein großes Viereck. Ihr könnt es euch wie eine Sprechblase vorstellen, mit einem kleinen Dreieck zur Startplattform. Auf dem Weg zu Boje 2 merkte ich dann schon, dass es um mich herum sehr, sehr dünn wird. Ein Athlet war nach der Boje noch neben mir und vor uns in circa 10-20 Metern noch ein zweiter Athlet.
Zug für Zug habe ich mich dann in meinen Rhythmus eingearbeitet. Meine Uhr hat einen Auto-Alarm beim Freiwasser-Modus alle 60 Sekunden, damit ich mich daran erinnere 3-5 schnelle Züge zu machen und das Tempo hochzuhalten. Nach den ersten Minuten im Startgewusel war es dann sehr einfach die Vibration wahrzunehmen, wieder schneller zu werden und schöne lange Züge zu machen. Und mit jedem Zug kam der einsame Athlet vor mir näher. Schnell näher. Denn bereits bei der zweiten Boje, was ich schätze, 300-400m der gesamten Strecke gewesen sind war ich an ihm dran. Und an der Boje neben ihm. Und nach der Boje vor ihm. Und dann ging es zur dritten Boje, also dem oberen linken Eck der Sprechblase und ich war vorn. Unerwartet schon so früh alleine vorne einen Ironman anzuführen. Sowohl 2021 als auch 2023 und in den meisten Rennen in denen ich bisher gestartet bin war das nicht der Fall. Aber mental hatte ich mich auf genau das eingestellt: Einen langen, einsamen Tag. Ob auf Position 1, 5 oder 25. Viele Menschen würden nicht um mich herum sein. Und so ging das Schwimmen dann Zug für Zug weiter. Auf der ersten Runde bin ich wahrscheinlich auf dem langen Weg zur vierten Boje etwas weiter geschwommen, weil ich die Boje am Anfang nicht gesehen hatte und dann zu weit raus geschwommen war. Minimales Verbesserungspotential bei mir, dass ich nach Bojen, wenn ich alleine bin noch früher etwas länger schaue.
Es war sehr unspektakulär bis zum Start der zweiten Runde. Zug, Vibration, Boje, Boje und dann ab zur Startplattform zurück. Womit ich etwas gerechnet hatte war, dass noch Athlet*innen auf der Startplattform sein werden. Dass es noch Hunderte waren die hinter der Plattform standen hat mich gewundert. Ich war sicher schnell unterwegs, aber so schnell dann auch nicht, dass so viele auf ihren Start warten. Es hätten ja alle 4 Sekunden 4 Personen ins Wasser gehen sollen. Bei 1300 Startern also 1300 Sekunden (1300*4 Sekunden / 4 Personen) sind etwas weniger als 22 Minuten. Aber 22 Minuten bin ich sicher nicht unterwegs und noch schneller, wenn noch so viele Personen warten: Noch unwahrscheinlicher. Aber trotzdem ein gutes Gefühl. Es hat sich schnell angefühlt. Auf der Plattform war es dann spannend. Die vier Reihen wurden etwas enger zusammengedrückt und ein kleiner Korridor für mich war frei. Aber als ich dann von der Plattform wieder runter bin stand direkt ein Herr erstmal vor mir. Bisschen zur Seite schieben musste ich ihn dann schon und um die ganze Reihe gerade erst gestartete herum Schwimmen. Oder Springen am Anfang noch. Was auf der zweiten Runde dann witzig für mich war: Die sind alle bis zur ersten Boje spaziert. Teilweise Hüft- oder sogar Brust-hoch im Wasser wurde da um mich herum zur ersten Boje spaziert. Wenn ihr also ein flaches Schwimmen mit etwas Laufen auf der Strecke wollt: Tallinn wäre eine Idee.
Für mich war der Weg bis zur Boje dann ein paar Meter länger. Halb so wild. Es war nicht mehr so einsam und den ein oder anderen kurzen Wasserschatten konnte ich dann noch ausnutzen. Auch an den Bojen ging es sehr gut vorbei und ich glaube, dass sich das gesamte Feld sehr gut auf die Runde verteilt hatte. Auch das jetzt einige Personen mehr unterwegs waren hat mir geholfen eine idealere Linie zu schwimmen. Auf dem GPS-Track sieht man tatsächlich den Schlenker der ersten Runde etwas.
Viel mehr gibt es auch zur zweiten Runde in der Sprechblase dann nicht zu sagen. Vorbei an allen ohne Übersicht welcher Platz ich nun war und wie um mich herum das Rennen verlief. Für Langdistanz Nummer 5, also die nächste, würde ich aber im Schwimmtraining wieder etwas mehr Kraft einbauen wollen, um vor allem von 2500m an weiter schöne lange Züge machen zu können. Das wäre eine kleine Sache, welche ich beim Doomscrolling an dem ein oder anderen Abend noch machen könnte: Zugseil-Training erhöhen.
Als es auf das Ende des Schwimmens dann zu ging war auch die Kraft wieder da und ich bin um die letzte Boje herum. Niemand vor mir und niemand ist auch mit mir abgebogen. Und da war der schwarze Bogen. Mein Mantra zu diesem Zeitpunkt ist dann immer: „Zieh nochmal mit den Armen, die brauchst du jetzt dann eh nicht mehr“. Und das hilft die letzten Meter nochmal weniger zu Kicken und mehr zu ziehen und schön schnell zu schwimmen. Und mitten in diesem Mantra kommt auf einmal ein Jetski in mein Sichtfeld. Rot, groß und der Wasser-Wachtler deutet mit dem Finger zu Plattform: Nochmal eine Runde. Kurz unangenehm, aber schnell geklärt in dem ich, bestimmt etwas zu unhöflich, zwei Finger aus dem Wasser gestreckt habe und schrie: „It´s my second lap“ und weiter auf den Zielbogen zugehalten habe. Damit war das auch geklärt und er ist wieder etwas von mir weggefahren.
Nachdem, wie beim Start, auch beim Ziel des Schwimmens es sehr flach wurde waren die letzten 100m ein Mix aus Delphinsprüngen, komisch durchs Wasser laufen und versuchen keinen Wadenkrampf zu bekommen. Agil war es auf jeden Fall nicht, weil der Puls beim Rauslaufen und den Delphinsprüngen immer so schnell hoch gegangen ist im Training. Und mit 160 Puls aufs Rad wollte ich nicht. Irgendwann wurde es dann so flach, dass ich mir sicher war nicht mehr unterzutauchen und ich habe mit der T1 Routine begonnen: Uhr Lap drücken. Brille hoch und dann hinten den Neo auf, Arme runter und den Neo bis zur Hüfte. Dann den ersten Arm des Einteilers angezogen. Was wirklich gut ging, aber dann sofort gemerkt: Hm, so bekomme ich den zweiten Arm nicht hoch. Grund war der Reißverschluss am Einteiler war schon zu. Den würde ich das nächste Mal auf öassen, weil er beim Anziehen dann eh aufgegangen ist. Also Arm wieder runter gerollt, in beide Arme des Einteilers gleichzeitig geschlüpft und dann hochgezogen. Zack. Trotzdem beide Arme an, bevor ich am Beutelständer war. Perfekt schnell war es nicht, aber funktioniert hat es.
Den Beutel gleich gefunden, ausgekippt, Neo ganz aus und das Wasser über die sandigen Zehen geschüttet, was wirklich gut war, denn es war noch sehr viel Sand an meinen Füßen. Startnummer umgemacht, alles bis auf den Helm in den Beutel und dann Beutel und Helm genommen und losgelaufen. Den Beutel konnte ich dann sehr einfach auf dem Weg abgeben und direkt meinen Helm anziehen und zugemacht. Nur der Einteiler war noch auf und das ist beim Joggen mit Helm dann doch etwas nervig gewesen, aber bis zum Rad war auch der Einteiler zu. Also alles vorbereitet für schnelle 180km nach einem guten Schwimmen und einer schnellen T1 für eine Langdistanz. Im nächsten Blog ziehe ich dann die Radschuhe auf dem Fahrrad an und starte auf die 180km durch das frische, aber trockene Tallinner Umland.
Wie immer freut es mich sehr, wenn ihr den Blog bis hier hin gelesen habt. Schreibt mir gern auf Instagram noch was euch zum Schwimmen oder in Summe zum Rennen in Tallinn interessiert. Bis zum nächsten Blog. Tom