Der Weg zur WM
Mehr als eine Woche ist jetzt vergangen seit der Ironman 70.3 Weltmeisterschaft. Mehr als eine Woche habe ich mir genommen, um meine Gedanken zu sortieren und absolut keinen Sport zu machen. Happy Off-Season (bei Lebkuchen in Deutschland in den Regalen …)
Jetzt habe ich die Zeit und die Muse mein Rennen und alles was mich zu meinen 4 Stunden 25 Minuten und 2 Sekunden gebracht hat aufzuschreiben. Ich werde das ganze hier in 3 Teile aufteilen, damit es in entspannten Texten endet. Zunächst will ich mit der Rennvorbereitung starten und euch an den Vorbereitungen bis am Rennmorgen teilhaben lassen. In Teil 2 soll es um das Rennen gehen und in Teil 3 werde ich versuchen etwas konstruktive Kritik am Rennen und allem darum herum anzubringen.
Von Zell und St. Pölten
Los gingen die Vorbereitungen schon 2018 als ich versucht habe in Zell am See die Quali für Nizza zu holen. Damals wurde leider das Radfahren abgesagt und zwei verdammt schnelle Läufer sind vor mir in der AK ins Ziel gekommen. Selbst mit einem fast 4 Minuten schnelleren Schwimmen kann ich gegen eine 1.12 von Simon M. aus L. nicht ankommen. Entsprechend bin ich etwas frustriert aus der letzten Saison gegangen. Die Erfahrung aus Zell habe ich aber mitgenommen und für das Nicht-Radfahren wurde das nächste Ironman-Event 100 Euro günstiger. Das Budget habe ich genommen und mit meinem Coach das Rennen in St. Pölten ausgewählt. Dort hat die Quali dann geklappt und ich habe mit 14 Minuten Vorsprung auf Platz 2 in der AK auch nichts anbrennen lassen. St. Pölten war mit Roth und einer Olympischen Distanz in Ingolstadt mein bestes Rennen (so vom ganzen Renntag her). An diesem Tag hat einfach alles gepasst und im Ziel war der Körper komplett leer. Und so habe ich mich 3 Monate vor Nizza für die WM qualifiziert.
Die Vorbereitung haben mein Coach und ich von St. Pölten zu Nizza nicht groß umgestellt. Die wichtigsten Einheiten bestanden aus circa 2-3 Stunden Radfahren und 45-75 Minuten koppeln. Dabei waren, je näher die Rennen gekommen sind, mehr Anteile im Renntempo vorhanden. Und als Tests für Nizza habe ich 5 Wochen lang alle zwei Wochen ein Rennen gemacht. Der Fokus in den Rennen war vor allem der „Watt auf dem Rad – Laufleistung“ Zusammenhang. Die Distanzen beim Rad laufen waren 44 – 10 / 28 – 7.5 / 33 – 3. Die Durchschnittswatt konnte ich von dem ersten Rennen bei 290 Watt auf 320 auf die 33km steigern und ich fühlte mich beim Anlaufen in allen Rennen sehr gut. Basierend auf diesen Rennen und meiner Entwicklung im Training wurde die Race-Pace für Nizza festgelegt.
Das letzte WM Training
Die letzten Einheiten waren dann alle mit diesen Werten. Dabei habe ich einen Plan mit Watt je KMH von meinem Coach bekommen. So sollte ich in Nizza bei einer Geschwindigkeit unter 25 kmh 320 Watt treten. Also die erste Hälfte des Rennens mit einem deutlich höheren Watt-Durchschnitt als die zweite mit der Abfahrt fahren. So war es dann auch im Training. Am besten sieht man das am Trainings-Test-Tag, welchen ich vor Nizza schon hier gebloggt habe.
Mein Setup habe ich so aufgebaut bzw. zusammengestellt, dass ich mich so komfortabel wie möglich auf der Abfahrt fühle. Denn berganfahren sollte nicht das fahrtechnische Problem sein, sondern möglichst wenig Zeit auf die guten Abfahrer verlieren. Gewichtstechnisch und aus Mangel an Alternativen (und selbst mit Alternativen wäre es meine Wahl gewesen) bin ich mit Citec Disc und Laufrad mit Alu-Bremsflanke gefahren. Denn die Carbon-Flanken waren mir selbst etwas zu unsicher. Bis auf das Vorderrad habe ich zum Set-Up von St. Pölten nur noch den Helm gewechselt.
Abfahren für Zeitboni bei der WM
Grund für den Helm Wechsel war, dass ich die Chance hatte die Abfahrt von Bouyon in Richtung Nizza zweimal zu fahren. Das erste Mal mit Aerohelm und das zweite Mal mit Strassenhelm. Beim zweiten Mal war ich mir deutlich sicherer in den Kurven. Außerdem war es für mich in der vorletzten Startgruppe um 8.51 doch schon sehr warm. Und oben am Anstieg war bei wenig Tempo, vielen Watt auch gleichzeitig viel Hitze. Da war der Strassenhelm auch angenehmer zu fahren. Und selbst die Wahl des Strassenhelms hat meine Aeroperformance nur minimal beeinträchtigt. Denn auf dem ersten 5km Segment war ich 1 Sekunde schneller als der spätere Sieger und genauso schnell wie Rudy von Berg. (Vielleicht war ich auch einfach etwas zu heiß auf den Radpart und habe auch die hohen Watt bei hohen KMH gedrückt, aber nur vielleicht).
Also das Setup war TT, Scheibe und Aero-Vorderrad jeweils mit Alu-Flanke sowie Strassenradhelm. Am Rad habe ich Platz für eine Aeroflasche mit Gelmischung (für Nizza 8 Gels, ca. 2 Gramm Salz, Wasser) und eine Wasserflasche mit … Wasser hinter dem Sattel. Radcomputer war mit der Strecke betankt, da ich den Tipp von FelixB auch voll umsetzen wollte. Die Strecke vorausschauen können, obwohl ich diese noch nie abgefahren bin. Das ist ein absoluter Highlight Tipp für schwerere Strecken und auch längere Abfahrten.
Für das Schwimmen hatte ich sowohl den Neo als auch den Swimskin getestet. Leider war der Test nicht mit Einteiler unter dem Swimskin, was ich im Rennen mit einer sehr aufgescheuerten Achsel im Salzwasser zahlen durfte. Da hätte durchaus etwas Creme unter die Achsel gegen das Scheuern gedurft. Hier war also die Vorbereitung etwas zu dünn. Aber wenigstens hatte ich einen Swim-Skin, was mir am Rennmorgen doch ein großes, breites Lächeln auf die Lippen zauberte als der erste Athlet mir entgegenkam und sagt, dass es ein „Non-Wetsuit-Swim“ wird.
Der Abschluss: Laufen bis zum Abschuss
Für das Laufen habe ich auf Nike mit Socken gesetzt. Die Kombination hatte ich schon getestet, aber noch nicht über 21km im Rennen. Die geniale Laufzeit im Rennen wurde leider von der einen oder anderen Blase überschattet, welche mich auch jetzt – 8 Tage nach dem Rennen – beschäftigt. Trotzdem bin ich mit der Schuhwahl super zufrieden und würde es wieder so machen. Vielleicht mit anderen Socken oder noch etwas mehr am passenden Laufstil für den Vaporfly arbeiten.
Ernährungstechnisch war ich vor dem Schwimmen mit einer Energy-Flasche (500ml), 2 Notfall-Gels im Radbeutel, 8 Gels in der Radflasche und 4 Gels für das Lauf ausgestattet. Bis auf die 2 Notfallgels vom Radfahren und 1 Gel beim Laufen habe ich auch alles komplett aufgebraucht. Die Ernährungsstrategie ist komplett aufgegangen und der Körper war nicht ganz so ausgelaugt wie nach St. Pölten oder gar Roth. Nach ein paar Stücken Pizza und Bechern Cola im Ziel stand ich schon wieder. Das hatte nach St. Pölten deutlich länger gedauert. Entsprechend bin ich mit der Strategie und Ausführung schon super zufrieden.
Mehr zur Ausführung gibt es dann im nächsten Post über das Rennen. Bis dahin einen schönen Montagmorgen und einen guten Start in diese Woche. – Tom